Die Geschichte des MV Littenweiler

Im Jahr 2003 feierte der Musikverein Littenweiler das hundertjährige Bestehen als eingetragener Verein.

Hier Auszüge aus der Rede der damaligen ersten Vorsitzenden Frau Dr. Helga Schulenberg (verstorben 2012)

„100 Jahre Musikverein Littenweiler laden zum Rückblick ein.  Wenn ein Verein das 100-jährige Jubiläum seiner Gründung feiert, ist das erst recht ein Grund für einen Blick zurück in die Vergangenheit. Beim Musikverein Littenweiler muss dies sogar auf mehr als 100 Jahre sein, denn die Musikkapelle, die damals zu der freiwilligen Feuerwehr gehörte, wurde erstmals 1880 in schriftlichen Aufzeichnungen erwähnt. Das erste dokumentierte Bild der Kapelle stammt aus dem Jahr 1882. Bekannt ist, dass sie damals regelmäßig zum Tanz aufspielte. Die Aufzeichnungen über den Verein wurden mit seiner Gründung im Jahre 1903 regelmäßig und damit wurde auch das Vereinsleben nachvollziehbar. Beim heutigen Studium der Annalen tröstet die Erkenntnis, dass die Probleme des Vereins durch die Jahrzehnte hindurch immer wieder gleich waren und sich von unseren heutigen nicht sehr unterscheiden. Es ist also gerade so wie bei einem Rückblick auf ein langes Leben.

1907 bestand die Kapelle aus 8 Mann und spielte bei der Fronleichnamsprozession in Kappel zum ersten Mal. Dies wurde später zur Tradition in Littenweiler. Die Berichte aus dieser Zeit erzählen von einem Ausflug in das Gasthaus Schiff, heute ein China-Restaurant, der wohl sehr fröhlich und feucht endete. 1908, bereits 1 Jahr später, errang die Musikkapelle beim Musikfest in Heitersheim einen 1. Preis, eine großartige Leistung - damals wie heute. Auch in den Anfangsjahren war man nicht um Ideen verlegen, die Finanzlöcher zu stopfen. So sollte 1910 mit Hilfe einer Christbaumfeier, bei der eine "Glückshafen-Verlosung" stattfand, die Kasse gefüllt werden. Der 1. Weltkrieg hinterließ dann schmerzliche Lücken in den Reihen der Musiker, sodass erst nach einer 6-jährigen Pause die Vereinstätigkeit wieder aufgenommen werden konnte. Erstmals wird im Jahre 1922 berichtet, dass die Kapelle zur Erstkommunion spielte, und zwar in der so genannten Pfarrcuratie Littenweiler, die damals seit 7 Jahren bestand. All diese Aktivitäten konnten jedoch nicht verhindern, dass 1931 die Vereinstätigkeit aus finanziellen Gründen eingestellt werden musste. Trotz unveränderter finanzieller Not wagte man 1932 einen Neustart und hielt bis Kriegsausbruch 1939 erfolgreich durch. Wieder entstand durch das Kriegsgeschehen eine Zwangspause. In der Nachkriegszeit fand sich die Kapelle laut Aufzeichnungen im April 1946 wieder zusammen. Die Kriegsteilnehmer spielten in der Kirche für die gefallenen Kameraden. Durch den großen Idealismus der Musiker und ihre Liebe zur Musik stieg das Ansehen des Vereins bald wieder. Im Jahre 1953 konnten die 50 Jahre seines Bestehens feierlich begangen werden, nachdem im Jahre 1951 die Fahnenweihe stattgefunden hatte. Diese Feier aus Anlass der Gründung vor 60 Jahren muss ein großartiges Fest gewesen sein, von dem die, die es miterlebt haben, heute noch begeistert erzählen.

1964 wurde eine Jugendkapelle gegründet, in der erstmals auch weibliche Musiker spielten und die auch öffentliche Auftritte hatte. Beim Studium der Annalen fällt auf, dass die Aktivitäten in diesen Jahren sehr zunahmen und der Musikverein aus dem Vereinsleben und dem Jahresablauf des Stadtteils nicht wegzudenken war. Das Musizieren am 1. Mai, die musikalische Begleitung der Fronleichnamsprozession, das Spielen am Weißen Sonntag, Teilnahme am Rosenmontagsumzug und zahlreiche „Ständerle“  sind Beweise dafür. 1972 wird vom Auftritt beim "Hock unter den Dorflinden", dem Vorläufer des heutigen Dorfplatzfestesspäteren Stadtteilfestes berichtet. Das Motto lautete damals: "Und immer spielt die Blasmusik"

1972 war auch das Jahr des Eintrages in das Registergericht sowie die Einführung einer Uniform, damals Einheitskleidung genannt. Dies war nur mit Hilfe von Spendengeldern möglich. Zu dieser Zeit konnte man noch gemütlich nach dem Ende des 1. Mai-Spielens  im "Cafe Barbara" zusammensitzen.

1973 wird von der erfolgreichen Teilnahme am Wertungsspiel  berichtet - mit dem Erreichen des erfolgreichen 1. Ranges -, passend zum 70-jährigen Jubiläum, das damals mit einem Festbankett und einem mehrtägigen Hock gefeiert wurde. Die Kapelle bestand nun aus 36 Mitgliedern. Der Vorstand hattebesaß außer dem 1. und 2. Vorsitzenden auch einen Präsidenten, Schriftführer, Kassierer, Chorführer, aktive und passive Beisitzer, sowie Jugendbeisitzer. Die nächsten Jahre waren von vielerlei Reisen und musikalischen Veranstaltungen geprägt und scheinen die "Hoch"-zeit des Vereinslebens gewesen zu sein. Dennoch äußerte man sich im Jahresbericht enttäuscht über den mangelnden Zuspruch des vom Verein veranstalteten 1. Mai-Tanzes.

1977 erfolgte die Gründung, der inzwischen wieder eingestellten Vereinszeitung "Trompötchen" und im Jahre 1978 fand die 75-Jahrfeier statt. Berichtet wurde darüber auch im Dorfblatt, das damals noch vom Bürgerverein monatlich herausgegeben wurde und noch "Littenweiler Bote" hieß.

Bis zum nächsten Jubiläum im Jahre 1983 wird von jährlichen Ausflügen nach Italien, der Schweiz und Oberbayern und in den baden-württembergischen Landtag berichtet, beneidens- und bewundernswert. Berichtet wird aber auch immer wieder über Geldknappheit, insbesondere im Hinblick auf die Noten- und Instrumentenkäufe und auch die Finanzierung des Unterrichts für die Jugendlichen. Daran hat sich bis heute leider nichts geändert.

Wenn man den Vergleich zu heute zieht, so muss man feststellen, dass damals nicht nur das Vereinsleben abwechslungsreich war, sondern auch eine Vielfalt unterschiedlicher Treffpunkte für die Jahresvollversammlung wie Gasthaus zur "Sonne", "Krone", "Schützenhaus" und dem "Löwen", der 1965 vom heutigen Besitzer renoviert wurde, vorhanden war.

1983, dem 80.Jahr der Gründung, wurde bei der Feier die Pro-musica-Plakette verliehen. Der damalige Regierungspräsident Dr. Conrad Schroeder, als Vertreter von Bundespräsident Carstens, überreichte die Auszeichnung, mit der 100 Jahre kulturelle  Vereinsarbeit ohne Unterbrechung gewürdigt werden. Auch diesmal fanden das Festbankett und der Festmarsch sowie die mehrtägige Feier eine gute Resonanz bei der Bevölkerung.

1985 beginnen die Klagen über die schlechte Unterstützung des Hocks durch die Bevölkerung, so dass man sich zu einem Wunschkonzert in der Aula der PH entschloss, von dem man hoffte, den Bedürfnissen der Littenweiler Bürger mehr gerecht zu werden. 1987 bekannte man sich zur verstärkten Jugendausbildung mit Probenwochenenden in der Schweiz. Man sah in der Jugend zu Recht die Zukunft des Vereins. Aber auch damals erkannte man schon das Problem, dass die Jugendlichen nach ihrer Musikausbildung oftmals den Verein wieder verlassen, weil das Berufsleben mehr Zeit beansprucht und oft auch einen Ortswechsel notwendig macht. Dennoch wurde von den Jugendlichen Leistungsabzeichen erworben. Gleichzeitig nahm die Bereitschaft in der Bevölkerung ab, sich ehrenamtlich zu engagieren - ein Trend, der leider unverändert anhält. Zunehmend blieben die Jugendlichen der Kapelle fern und die älteren Musiker hörten aus Altersgründen auf, so dass ein Musizieren wie bisher nicht mehr möglich war. Da der wichtige Zusammenhalt durch die Musik fehlte, fiel auch die Feier des 90-jährigen Vereinsbestehens im Jahre 1993 aus.

1995 entschieden sich bei einer Abstimmung die Hälfte der Musiker dafür, den Verein aufzulösen, während die andere Hälfte sich dafür aussprach, in kleiner Besetzung weiter zu machen. So verblieben 16 Musiker in der Kapelle, die im September des gleichen Jahres ihren ersten öffentlichen Auftritt beim inzwischen fest zum Jahresablauf gehörenden Weihnachtsmarkt hatten. Die schwierige Situation der Kapelle und damit auch des Vereins machte ein neues Arbeitskonzept notwendig. So wurde im Jahr 1998 die musikalische Früherziehung, später zusätzlich Blockflötenunterricht eingerichtet, sodass 40 - 50 Kinder im Verein ausgebildet werden. Langsam konnte aus diesen Reihen mit Hilfe hochqualifizierter und engagierter Lehrer und Dirigenten eine neue Jugendkapelle mit derzeit 17 Kindern aufgestellt werden.

Weiterhin existiert ein Ensemble der kleinen Besetzung, in dem einige Register nicht besetzt sind, das jedoch tapfer durchhält, um mit den Jugendlichen zusammen ein großes Ensemble zu werden. Mit diesem zusammen und mit den befreundeten Vereinen wollen wir, nachdem die Kinder der Früherziehung unter Uta Uffrecht, zusammen mit dem Chor der Reinhold-Schneider-Schule sehr erfolgreich das Musikspiel "Die Reise nach Kalimee" aufgeführt haben, am 27. September 2003 das 100-jährige Bestehen des Musikvereins feiern.“

Dr. Helga Schulenberg